Putin stänkert

Immer stän­kert Putin, klaut sich die Krim, schickt Sol­da­ten in die Ost-Ukrai­ne und moder­ni­siert die Spreng­köp­fe von 40 Inter­kon­ti­nen­tal­ra­ke­ten (von 1520, auf die sich die Groß­mäch­te jeweils geneh­migt haben). Ja, da muss man sich doch ärgern, ist der Mann denn ver­rückt geworden?

Mögen muss man ihn nicht (obwohl ich rich­ti­ge Putin-Fans ken­ne, ganz jun­ge Leu­te), und er benimmt sich wirk­lich ziem­lich unzi­vi­li­siert (viel­leicht macht ihn das so beliebt). Das Gesche­hen in der Ost-Ukrai­ne ist tra­gisch und kos­tet fast jeden Tag Men­schen­le­ben. Aber das alles ist nicht von allei­ne pas­siert. NATO und EU sind an der Ent­wick­lung schuld durch ihre eben­falls tra­gi­sche Fehl­ein­schät­zung, sie könn­ten sich über die rus­si­schen Inter­es­sen hin­weg­set­zen. Dabei sind NATO-Staa­ten schon aus vie­len frag­wür­di­ge­ren und gerin­ge­ren Anläs­sen mit Waf­fen­ge­walt vor­ge­gan­gen, um ihre ver­meint­li­chen Rech­te durch­zu­set­zen, z. B. auf den Falk­land­in­seln oder in Grenada.

Staa­ten ver­tei­di­gen ihre Inter­es­sen, ob wir das mögen oder nicht. Abseh­bar war jeden­falls, dass die Aus­wei­tung des west­li­chen Mili­tär- und Wirt­schafts­bünd­nis­ses nach Osten Russ­land irgend­wann auf den Plan rufen muss­te. Span­nend war dabei nur, wie weit es dabei gehen wür­de, im ers­ten Schritt. Die Anne­xi­on der Krim war ein Pflock, den Russ­land ein­ram­men muss­te — so weh es tut und unge­ach­tet des­sen, wie wenig Vor­tei­le es dar­aus schöp­fen kann.

Nun ent­behrt es nicht der Komik, wie Putin dabei vor­ging, denn es ist ja gera­de­zu eine Kari­ka­tur west­li­chen Demo­kra­tie­ver­ständ­nis­ses. Man lässt die Bevöl­ke­rung abstim­men und am nächs­ten Tag über­nimmt man das Rat­haus und was dazu gehört. Das ist ja schon ein biss­chen holz­schnitt­ar­tig, aber kei­ner kann sagen, er wäre nicht gefragt wor­den. Natür­lich wäre nicht abge­stimmt wor­den, wenn man sich des Ergeb­nis­ses nicht sicher gewe­sen wäre, nur ändert das gar nichts.

Das Votum für den Wech­sel auf der Krim bil­det eine stär­ke­re demo­kra­ti­sche Legi­ti­ma­ti­on als — zum Bei­spiel — die Mai­dan Pro­tes­te. die west­li­che Poli­ti­ker mit leuch­ten­den Augen und ohne des­sen müde zu wer­den als Beweis für den Wil­len des ukrai­ni­schen Volks her­an­ge­zo­gen wur­den, sich dem euro­päi­schen Wirt­schafts­bünd­nis und spä­ter der NATO anzu­schlie­ßen. Weni­ge erkann­ten, dass man mit dem Feu­er spiel­te, dass man die noch nicht gefes­tig­te Demo­kra­tie in der Ukrai­ne auf eine zu har­te Zer­reiß­pro­be stell­te, dass man die Akteu­re nicht rich­tig ein­schätz­te und dass man mit den Feu­ern auf dem Mai­dan schließ­lich die gan­ze Regi­on in Brand setz­te, indem man lan­ge genug auf­mun­ternd hineinblies.

Aber war ist das so schwer zu sehen? Oder spiel­te es ein­fach kei­ne Rol­le, ließ man es drauf ankom­men, dass sich der Kon­flikt zu dem ent­wi­ckel­te, was wir heu­te dort sehen? Aus ame­ri­ka­ni­scher Sicht ist die Ukrai­ne weit ent­fernt. im Zwei­fel leben in den USA mehr Ukrai­ner als in Kiew, so dass man genug übrig hat, wenn dort alles in die Luft flie­gen soll­te. Den Poli­ti­kern in Euro­pa soll­te das Pro­blem näher lie­gen. Das hat sie nicht dar­an gehin­dert, mit dem Feu­er zu spie­len. Bösen Wil­len mag man nicht unter­stel­len, es bleibt nur schie­re, abgrund­tie­fe Dumm­heit übrig.