12. Abschied von Herat

5.September
Erst am frü­hen Nach­mit­tag schaf­fe ich es in Stadt, um mei­ne Stie­fel abzuholen.

Als ich sie anpro­bie­re, mer­ke ich, dass der Schus­ter sie aus extrem dicken und har­ten Leder ange­fer­tigt hat. Ver­mut­lich hat er es gut gemeint – die­ses Schuh­werk hält sicher eine klei­ne Ewig­keit – aber bevor die nicht rich­tig „ein­ge­lau­fen” sind, sind sie auch nicht bequem.

Aber es ist ja ohne­hin viel zu warm, um in Stie­feln herumzulaufen.

Ich bedan­ke mich bei den Hand­wer­kern und bezah­le den ver­ein­bar­ten Preis, ohne auch nur eine Sekun­de an Feil­schen zu denken.

Nach­dem mich der Schus­ter zum Abschied Gott anbe­foh­len und mir eine gute Rei­se gewünscht hat, ste­he ich einen Moment lang unschlüs­sig vor sei­nem Laden.

Soll ich noch kurz in Moham­mads Laden vor­bei schauen?

Nein, bes­ser nicht: ich bin in den Gedan­ken schon ganz woan­ders, und ich muss im Hotel auch noch mei­ne Sachen zusam­men packen.

Der gest­ri­ge Abend war so schön, den möch­te ich als letz­te Erin­ne­rung an Herat bewah­ren – nicht einen ver­krampf­ten Aus­tausch der übli­chen Höf­lich­keits­flos­keln „zwi­schen Tür und Angel”.