Dieselstraße - Roman von Franz Stadelmann

Im Zusammenhang mit unserer Europarundfahrt 1978 hatte ich unter anderem auf Franz Stadelmann verwiesen, der mit seinem LKW die Orientroute befahren hat, auf der wir damals ebenfalls unterwegs waren, wenn auch nur bis Istanbul.

Seine Erlebnisse und vieles, was er in Gesprächen mit Fernfahrerkollegen auf dieser Route erfahren hat, hat er in seiner romanhaften Erzählung Dieselstraße verarbeitet, die jetzt wieder erhältlich ist und bei ihm unkompliziert direkt bestellt werden kann.

Zum Verständnis hilft es zu wissen, dass in den Siebzigern die ölfördernden Staaten des Nahen und Mittleren Ostens im großen Stil ihre Petrodollars in Europa ausgaben für Industrieanlagen, aber auch Annehmlichkeiten des persönlichen Bedarfs, von Waffen ganz zu schweigen. Diese wurden aus den europäischen Herkunftsländern teils per Schiff, während der Siebziger aber vor allem per LKW angeliefert, obwohl jede Tour für Material und Fahrer eine enorme Strapaze darstellte.

In diese Welt der Lastwagenfahrer führt uns das Buch ein. Peter Walter fährt Maschinenteile aus der Schweiz nach Teheran. Christine, eine junge Studentin, begleitet ihn auf Vermittlung ihres Vaters auf seiner Tour, vordergründig für eine Materialsammlung für ihre wissenschaftliche Arbeit. Neugier und Unzufriedenheit in ihrer eingefahrenen Beziehung spielen auch eine Rolle.

Nicht ganz überraschend läuft die erste Kontaktaufnahme zwischen dem alleine fahrenden, geschiedenen und als Unternehmer gescheiterten Fernfahrer und der reflektierten, kühlen Studentin der Sozialwissenschaften etwas holprig ab. Aber sie haben während der Fahrt genug Zeit um sich kennenzulernen. Christine akzeptiert, dass im herausfordernden Zeitplan einer 10.000 km-Tour ihre persönlichen Bedürfnisse wenig Platz haben und findet Gefallen an der minimalistischen Unterhaltung mit Peter. Peter nimmt sie auf in den Mikrokosmos seines Scania-Lastwagens, sie teilen die kleinen Annehmlichkeiten, mit denen Peter sich seine langen, einsamen Touren erträglich gemacht hat.

Während Kilometer um Kilometer auf Schotterpisten vorbeiziehen, öffnet er sich und erzählt mehr von sich und von den Freuden und Risiken der langen Fahrt. Bei den wenigen längeren Stopps treffen sie auf andere Fernfahrer, meist Bekannte von Peter, der nur die Marke ihres LKW benutzt, wenn er über sie spricht. "Nö, der Fiat ist schon weg". Die meisten Protagonisten sind irgendwie traumatisiert und geheimnisvoll, und man fragt sich, ob der Job ihnen das angetan hat oder ob es eine Voraussetzung war.

Mir hat die genaue Beschreibung der langen Tour viel Spaß gemacht. Der allwissende Erzähler steht in keiner Weise über den Dingen und hat einen richtigen Hass, wenn an der Grenzkontrolle jemand vordrängelt, der keine Tiere transportiert. Der Hass ist nicht reflektiert und moralisch, er sucht nach keine Lösung oder Versöhnung. Er resigniert auch ein Stück weit vor einer Welt, deren Sprache er nicht versteht und deren Regeln fragwürdig sind.

Für Christine verändert die Reise vieles.

Faszinierende Impressionen aus einer Welt, die es so heute nicht mehr gibt.

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